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Massaker von Haditha (19. November 2005)

Überblick über ein Kriegsverbrechen



Überblick bei Wikipedia 
Haditha Kriegsverbrechen 

SPIEGEL 20.10.2007
Marines wegen Haditha-Massaker vor Militärgericht 
Mordvorwurf wurde fallengelassen

BBC, 20.10. 2007
Two marines to face Haditha trial
L/Cpl Stephen Tatum only accused of "involuntary manslaughter"

Naomi Spencer, WSWS, 11.10. 2007
Haditha massacre defendant pursues defamation suit against US congressman 

Rainer Rupp und Rüdiger Göbel, junge Welt, 31.05.2006 
Massaker in Haditha 

Rüdiger Göbel, junge Welt, 01.06.2006 2500 Dollar Schweigegeld 
US-Armee hat nach Massaker im irakischen Haditha Entschädigungs- zahlungen angeboten 

taz, 30.5.2006 
Eine verschleierte Bluttat 
US-Soldaten haben im Irak 24 Menschen erschossen. Manche mit Kopfschüssen, andere mit Schüssen in Brust oder Rücken

Christian Wernicke Süddeutsche Zeitung, 31.05.2006
Verbrechen in Haditha Tod aus amerikanischen Gewehrläufen
Erinnerungen an das Massaker von My Lai in Vietnam kommen auf.  

Süddeutsche/ap/dpa v. 31.05.2006 
US-Massaker in Haditha - "Sie waren einfach blind vor Hass" 

Andreas Grünwald, junge Welt, 07.06.2006
Von Leipzig nach Haditha 

Tim McGirk, TIME-Magazine, 19. 3. 2006
Collateral Damage or Civilian Massacre in Haditha? 

Eric SCHMITT und David S. Cloud, New York Times (NYT) vom 8.7. 2006 
General Faults Marine Response to Iraq Killings

Washington Post, 6.1.2007
Death in Haditha 
Eyewitness Accounts in Report Indicate Marines Gunned Down Unarmed Iraqis in the Aftermath of a Roadside Bombing in 2005

Weitere Massaker

Kate Randall, WSWS, 8 10.2007
Iraqi probe finds Blackwater mercenaries fired without provocation in Baghdad massacre

Kate Randall, WSWS, 1.10.2007 Blackwater mercenaries’ record of murder in Iraq 

Kollektivstrafen und Racheaktionen

ROBERT FISK, Counterpunch, 3.6.2006 
Liberators as Murderers
Could Haditha be just the tip of the mass grave?  

Freace, 11.12.2006
"Verzweifelte Strategien"
Zunehmend Kollektivstrafen gegen irakische Bevölkerung

Dahr Jamail u. Ali Al-Fadhily, IPS, 9.12. 2006  
Cornered Military Takes to Desperate Tactics

Freace, 11.12.2006
Kollektivstrafen 
Kriegsverbrechen im Irak

Dahr Jamail and Ali al-Fadhily, IPS, 18.9. 2006 
U.S. Resorting to 'Collective Punishment'

Dahr Jamail t r u t h o u t | Perspective, 30.5. 2006
Countless My Lai Massacres in Iraq

Bill Van Auken, WSWS, 21.6. 2006
Washington escalates slaughter in Iraq

Kate Randall, WSWS, 3.6. 2006
Another US atrocity in Iraq: Eleven civilians massacred in Ishaqi 
In a March 15 raid as many as 13 Iraqi civilians were killed in the village of Ishaqi in the Abu Sifa district near Balad, 60 miles north of Baghdad.

Kate Randall, WSWS, 6 6.2006
US Army clears troops in Ishaqi massacre

Steven Harris, Aljazeera, 20.7.2006 
Who’s behind the daily killings in Iraq?  


Als Vergeltung für den Tod eines Kameraden, töteten US Marines Corps am 19. November 2005 in der irakischen Stadt Haditha 24 unbewaffnete irakische Zivilisten, darunter darunter neun Frauen, fünf Kinder sowie einen älteren einbeinigen Mann im Rollstuhl. Sie wurden willkürlich erschossen bzw. durch Handgranatenwurf getötet. Zuvor hatte eine auf der Straße platzierten Sprengsatz ein Fahrzeug eines Konvois zerstört und ein US-Soldat, der Obergefreite Miguel Terrazas, getötet.

Die  beteiligten US-Soldaten der „Kilo-Kompanie“ des 3. Bataillons des 1. Marineinfanterieregiments behaupteten der US-Konvoi wäre sofort im Anschluss unter Feuer genommen worden; Anwohner bestreiten dies. Nach Angaben der Marines versuchten die Angreifer (Fahrer und vier Passagiere) in einem Taxi zu flüchten und wurden dabei erschossen; Anwohner behaupten, sie seien aus Rache exekutiert worden.

Im offiziellen Bericht der Marines heißt es, dass 15 Iraker direkt bei der Explosion der Bombe umgekommen und acht weitere in Feuergefechten gefallen seien. Diese Darstellung gilt heute als widerlegt.:

Es gibt zahlreiche ähnliche Vorwürfe von irakischer Seite. In Haditha hatte der irakische Journalismusstudent Taher Thabet, der am 20.11. Videoaufnahmen in Haditha machte, das Glück, dass im Januar 2006 das TIME-Magazine sich seiner Bilder annahm. Der darauf basierende Bericht machte den Vorfall im März 2006 in der westlichen Öffentlichkeit bekannt. Die US Army sah sich daraufhin genötigt eine Untersuchung einzuleiten, die schließlich zur Anklage gegen die Täter führten.

Ranghohe Offiziere des US-Militärs versuchten, den Vorfall zu vertuschen. Nach einem Bericht der Tageszeitung The New York Times (NYT) vom 8. Juli 2006 haben führende Mitglieder des United States Marine Corps bei der Untersuchung des mutmaßlichen Massakers im Irak "Fehler im Rahmen ihrer Vorgesetztenfunktion" begangen. Angehörige der Stäbe von Generalmajor Richard A. Huck, der im Irak eine Division kommandiert und Oberst Stephen W. Davis hätten Widersprüche und Ungenauigkeiten in einem ersten Bericht nicht untersucht. 

Wahrscheinlich nur Spitze des Eisbergs

Dieser Fall wird von der Washington Post und der Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch als „das vielleicht schlimmste Kriegsverbrechen im Irak” eingestuft. Wahrscheinlich ist es eher eines von vielen.

Huck told investigators he dismissed the allegations, believing they were part of an insurgent campaign to smear the Marines. Other Marine officers, such as Davis, also believed that the allegations were outlandish. (Washington Post, 6.1.2007
Death in Haditha )

James Crossen, der Soldat, der neben Terrazas saß und durch den Sprengsatz verletzt wurde gab in einem Interview mit dem TV-Sender King5 Television in Seattle an, dass Kinder häufig Militärfahrzeuge in Konvois zählen und dies an Aufständische weitergeben würden. Als er über seine Gefühle über die in dem Massaker getöteten Frauen und Kinder befragt wurde, antwortete er dem Moderator, dass er für sie kein Mitgefühl hätte: „Nein... wahrscheinlich sind die Hälfte von Ihnen ohnehin Verbrecher, man weiß einfach nichts Genaues über sie. Ich habe nie wirklich über sie nachgedacht. [...] So weit weg und es war so heiß... du verlierst einfach sozusagen die Kontrolle, und hörst irgendwie auf, dich zu kümmern um das, was passierte - und ich bin mir ziemlich sicher, dass es das war, was dort passiert ist.“

Zeittafel (Quelle Wikipedia)

Am 20. November 2005 wurde seitens der Militärführung im Camp Blue Diamond in Ramadi ein Pressestatement verfasst. Darin wird der ursächliche Tod der beteiligten Zivilisten als von einem auf der Straße befindlichen Sprengsatz, ausgelöst durch irakische Aufständische, beschrieben: „Ein US-Marineinfantrist und 15 Zivilisten wurden gestern durch einen am Straßenrand explodieren Sprengsatz in Haditha getötet. Unmittelbar nach der Explosion griffen irakische Aufständische, bewaffnet mit leichten Waffen, einen Militärkonvoi an. Irakische Soldaten und US-Marinesoldaten erwiderten das Feuer und töteten acht Aufständische und verletzten einen weiteren.“

Am 14. Februar 2006 wurde eine Vorabuntersuchung von Lt. Gen. Peter Chiarelli angeordnet, da unmittelbar nach dem Vorfall ein Video an die Öffentlichkeit kam das gegenüber dem US-Bericht die Geschehnisse anders darstellte.

Am 9. März 2006 wurde eine offizielle kriminaltechnische Untersuchung vom Naval Criminal Investigative Service eingeleitet, um herauszufinden ob Soldaten vorsätzlich irakische Zivilisten töteten.

Am 19. März 2006 bestätigten Sprecher der US-Armee – entgegen dem ursprünglich von Seiten des Militärs ausgewiesenen Berichts – dass 15 Zivilisten durch US-Marines und nicht wie vorher berichtet, durch irakische Aufständische getötet wurden.

Am 29. Mai 2006 veröffentlichte die Times die Ergebnisse dieser Nachforschungen sowie Interviews mit Augenzeugen. Darin wird beschrieben, dass der kommandierende Offizier Lieutenant Colonel Jeffrey Chessani sowie die Offiziere Captain Luke McConnell und Captain James Kimber des 3rd Battalion, 1st Marine Regiment, 1st Marine Division von ihren militärischen Posten enthoben wurden. Gegen den Gruppenführer Staff Sergeant Frank Wuterich laufen die Ermittlungen.

Inzwischen wird gegen die beteiligten Soldaten wegen Mordes ermittelt, eine separate Ermittlung wegen der Vertuschung läuft gegen mehrere Offiziere. Beide Ermittlungen werden vom US-Militär durchgeführt. Mitte Dezember 2006 wurde gegen den Gruppenführer Frank Wuterich sowie gegen drei weitere Soldaten Anklage wegen Mordes erhoben. Da die Anklage nicht auf Mordvorsatz lautet, beläuft die Höchststrafe sich auf lebenslängliche Haft; in irakischen Medien wird hingegen die Überstellung der Angeschuldigten an ein irakisches Gericht und die Todesstrafe für sie gefordert.

Nach Aufforderung durch Vertreter der Stadt Haditha bezahlten die US Marines nach dem Massaker 1500–2500 US$ „Entschädigung“ für jeden getöteten irakischen Zivilisten (je nachdem, ob Mann, Frau oder Kind) in den ersten beiden betroffenen Häusern. Sie weigerten sich jedoch, Zahlungen für neun weitere von ihnen erschossene Männer zu leisten, welche – ihrer Meinung nach – „Aufständische“ gewesen seien. Diese Aussage wurde von offiziellen Ermittlern widerlegt, deren Angaben zufolge es sich durchwegs um „unschuldige Opfer“ gehandelt habe.[5]