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Marion Küpker

Impulsreferat über den Einsatz von Depleted Uranium im Irak
In der Projektgruppe II beim Hearing in Berlin zum 19. Juni 2004

Ich möchte die nächsten 10 Minuten einen kurzen Überblick zum Stand der Erkenntnisse zu Uranwaffen geben und daran anschließend aus den Ergebnissen der Hamburger Uranwaffenkonferenz vom Oktober 2003, einige der nächsten Schritte hier für die Friedensbewegung in Bezug auf diese Waffen ableiten.

Der weltweit erste bedeutende Einsatz mit Uranwaffen fand bereits 1991 seitens der US und britischen Armee im Irak statt. Damals wurde das Vorhandensein von radioaktivem Material in Waffen von den verantwortlichen Regierungen noch gänzlich geleugnet. Erst nachdem eine unabhängige Untersuchung die Radioaktivität der Munition bewies1 und nachdem diese Tatsache weiter bekannt wurde, gab die US Regierung zumindest den Einsatz von 375 Tonnen Depleted Uranium im Südirak zu. Die US- und britische Regierung leugnen allerdings bis heute, dass diese Munition gesundheitsschädigende Auswirkungen auf die dortige Zivilbevölkerung, sowie auf die eigenen Soldaten haben.

Prof. Durakovic, bis zum damaligen Zeitpunkt bereits 12 Jahre der Nuklearmediziner des Pentagons, führte im Auftrag des US Kongresses eine Studie über Uran im Urin von am Golfkriegssyndrome erkrankten US Veteranen durch. Er entdeckte DU, aber auch Spuren von Plutonium. Auf der Wistleblower Konferenz in Starnberg im Sept. 2003 sprach Prof. Durakovic über den massiven Druck, dem er ausgesetzt wurde, diese Studie nicht zu beenden. Nachdem er nicht bereit war sein Vorhaben aufzugeben wurde ihm vom Pentagon gekündigt. Prof. Durakovic gründete daraufhin das unabhängige kanadische UMRC – Uranium Medical Research Center. Er kritisiert die Falschinformationen der Verteidigungsministerien in Kanada und den USA. Diese berufen sich auf Studien², die gezielt so angelegt wurden, dass nichts dabei herauskam. Das UMRC kontaktierte weltweit Laboratorien, die weitere Urin- und Bobenproben aus Afghanistan (2002) und Irak (2003), auch in Teilen der Zivilbevölkerung, sowie der dort stationierten Soldaten untersuchten. Seit 1997 hat die US Regierung 23 neue Waffensysteme z.B. Bunker Busters: das sind erdeindringende Lenkraketen entwickelt, die laut ihrer Waffenpatente auf eine noch größere Verwendung von Uran in Waffen hinweisen³, und zwar bis zu 1 Tonne. Das Ergebnis der unabhängigen UMRC Analyse der Afghanistanproben beweist den dortigen Uranwaffeneinsatz, wie es zudem im Urteil des Internationalen Tribunals zum Krieg gegen Afghanistan bestätigt wurde. Das Tribunal wurde in Tokio im Nov. 2003 vor einem internationalen Richtergremium abgehalten. Die letzte Irakprobenanalyse, die in einem Frankfurter Labor4 untersucht wurde, beweist den Einsatz von Uran in Lenkraketen in Bagdad5 und bestätigt gleichzeitig DU im Urin von US Veteranen des letzten Irakrieges.

Eine weitere unabhängige Studie der Universität Bremen bestätigte bereits im Jahr 2002 Chromosomenschäden durch Radioaktivität an den 19 getesteten Golf- und Balkankriegsveteranen, sowie einem Zivilisten aus der britischen Flugzeugproduktion6. Diese Veteranen müssen einer ähnlichen Menge an Radioaktivität ausgesetzt worden sein, wie die Feuerwehrmänner von Tschernobyl, gab Dr. Chris Busby auf der Hamburger Uranwaffenkonferenz 2003 bekannt. Chris Busby ist u.a. Wissenschaftssekretär des Europäischen Komitees über Radioaktive Risiken, sowie Wissenschaftssprecher der Grünen Partei von England und Wales und Mitglied der Internationalen Gesellschaft über Umweltepidemiologie. Weiter verglich Busby die radioaktive Halbwertzeit des wesentlich langsamer zerfallenden DU Isotops mit der von Plutonium. Daraus ergab sich, dass 350 T. DU etwa 2 kg Plutonium entsprechen. Hier noch mal zur Erinnerung, die US Regierung gab zu, bereits 1991 im Südirak 375 T. DU eingesetzt zu haben. Busby erklärt weiter, dass laut UN

Richtlinien ein Gebiet, welches mehr als 39 000 Bq pro m² aufweist, als radioaktiv verseucht gilt. 350 T. DU, die in einem Gebiet von 100 km² zum Einsatz kamen, übertreffen diese UN Richtlinie um das 3-4 fache7.

Dass Radioaktivität Krebs und andere Krankheiten erzeugt, muss wissenschaftlich nicht mehr bewiesen werden. Die bereits zugegebenen eingesetzten DU Mengen der US- und britischen Regierung sind so ungeheuerlich groß, dass es gar keinen Zweifel an den Aussagen und Studien der irakischen Ärzte, die den offensichtlichen Zusammenhang des extremen Ansteigens der schweren Krankheitsbilder der Menschen im Irak bestätigen, geben kann. Für die Aussage eines grundsätzlichen Zusammenhanges bedarf es keiner bis ins allerkleinste Detail durchgeführten Studie. Die Forderung hiernach kann nur als Missbrauch von Wissenschaft betrachtet werden. Weitere Studien müssen mit dem Ziel verfolgt werden mit noch genaueren Daten das Problem zum Schutze des Menschen besser zu erfassen, anstatt die Wahrheit mit dem Ruf nach einem allumfassenden wissenschaftlichen Beweis wieder zu vernebeln. Natürlich gibt es diverse Einzelfälle, wo der Auslöser einer Krankheit in einer anderen Ursache begründet liegt oder auch verschiedene Faktoren in einem Krankheitsbild zusammenkommen. Die Anti- Uranwaffenbewegung möchte hier so genau wie möglich weiter recherchieren, ohne dabei die offensichtliche Verantwortung der Uranmunition auf die Gesundheit der bereits betroffenen Menschen zu leugnen.

Die Resolution der Hamburger Uranwaffenkonferenz bringt das gemeinsame Interesse der Bewegung zum Ausdruck, indem der Bedarf nach weltweiten epidemiologischen Befragungen der Bevölkerung in DU Einsatz- und Testgebieten, unter Veteranen der verschiedenen Länder, sowie rund um die DU Produktionsstätten als weitere Schritte zur genaueren Bestimmung benannt werden. Unterschiede können durch diese Befragungen erkannt und analysiert werden. Diese epidemiologischen Fragebögen sind bereits von Dr. Busby entwickelt worden und über die Koordination der Uranwaffenkonferenz erhältlich.

Auf der Hamburger Uranwaffenkonferenz wurden von den meisten der aus 20 Ländern vertretenen TeilnehmerInnen diese Waffen als Massenvernichtungswaffen eingeschätzt. Einhellig wurde die Vorgehensweise der Regierungen als ein gezieltes "cover- up" bezeichnet. Es wurde deutlich, dass es allein unabhängige Studien waren, und nicht Regierungs- bzw. UN Studien, die die Wahrheit ans Licht brachten8.

So erkannte dieses Jahr das weltweit erste Gericht in GB, die Klage eines Golfkriegsveteranen an, der seine schwere Erkrankung auf DU zurückführte. Weitere britische Veteranen, die zeitgleich vor Gericht zogen, hatten kein Glück, da sie an keiner unabhängigen Studie teilgenommen hatten und daher den wissenschaftlichen Beweis nicht erbringen konnten9. Interessant ist auch der Fall von Richard David aus England. Er hatte in den oben genannten unabhängigen Studien positive Testergebnisse, obwohl er nicht als Soldat im Einsatz, sondern als Arbeiter in der Flugzeugindustrie tätig war. Dieses Jahr im Oktober wird Richard Davids Verfahren vor dem Obersten Gericht in London stattfinden. Es besteht hier für uns die Hoffnung einen Präzedenzfall im zivilen Sektor zu erreichen10.

Die Uranwaffenkonferenz bekundete die Notwendigkeit des Aufbaus einer Freien Universität, die unabhängig die neue Berechnungsmethode über die Auswirkungen radioaktiver Niedrigstrahlung anwenden soll, wie es von 40 Wissenschaftlern der Low Level Radiation Campaign- LLRC befürwortet wird. Innerhalb der konzernunterwanderten UNO wird von der Weltgesundheitsorganisation- WHO und der Internationalen Atomaufsichtsbehörde- IAEA eine falsche Berechnungsmethode angewandt und als Richtlinie an alle Regierungen weitergegeben11. Zudem werden Krebsregister vermehrt von den Regierungen abgeschafft oder manipuliert.

Wir können dem entgegenwirken: es können unabhängige epidemiologische Befragungen mit 3-4 Personen auch in der BRD bei den bekannten DU- Testgebieten und Unfallstellen wie z.B. dem Flugzeugabsturz in Remscheid stattfinden. Es gilt die Bevölkerung dafür zu gewinnen, dass sie sobald eine signifikante Krankheitserhöhung in den betroffenen Gebieten feststellt wird, Druck auf entsprechende politische Verantwortliche ausübt. Jede/r einzelne Befragte könnte um eine symbolische Spende für dieses Internationale Institut "Freie Universität" gebeten werden. Die heutige systemstabilisierende Wissenschaft bringt die Wahrheit nicht mehr ans Licht und unsere heutigen Lehreinrichtungen produzieren kaum objektive Wissenschaftler. Umweltstudien an den neuen Universitäten drehen sich überwiegend um Wiederverwertung (recycling). Die uns aus der Anti- Atombewegung bekannten WissenschaftlerInnen wie z.B. Alice Steward ist bereits verstorben; Rosalie Bertell, Ernest Sternglass, John Gofman, Jay Gould sind sehr alt und Inge Schmitz Feuerhake und Malcolm Hooper sind in Rente. Wer soll ihre Arbeit einmal fortführen?

Das Ziel einer Freien Universität soll die Ausbildung einer Gruppe von jungen unabhängigen Menschen sein. Ausgerüstet mit Wissen und Technik, sollen sie in der Lage sein eine Analyse über den wirklichen Zustand unseres Planeten durch die Bedrohung des industriellen und politischen Systems abzugeben. Wir müssen "von unten" diesen Nachwuchs von Wissenschaftlern durch eine Freie Universität organisieren, die uns objektive Antworten geben können, da die dafür zuständigen internationalen Organisationen dem nicht nachkommen12.

Letztendlich wäre dies die gleiche Entwicklung, wie die aus der Friedensbewegung entstandenen Kriegsverbrechertribunale. Diese müssen auch "von unten" organisiert werden, da sich keine Regierung traut, eigene offizielle Tribunale gegen die mächtigsten Staaten und der verantwortlichen Konzerne zu organisieren. Zudem sind viele Regierungen selbst an diesen Kriegen beteiligt

Marion Küpker, GAAA marion@motherearth.org

 

1 Prof. Siegwart-Horst Günther ließ 1992 ein aus dem Irak stammendes Geschoss an der Technischen Universität in Berlin auf Radioaktivität hin untersuchen. S.32-36: Uran-Geschosse: Schwergeschädigte Soldaten, missgebildete Neugeborene, sterbende Kinder

ISBN 3-89484-805-7

2 siehe Film von Frieder Wagner und Valentin Thurn: Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra (WDR 2004), Interview mit Prof. Asaf Durakovic

3 siehe Dai Williams: CD in der Broschüre der World Uranium Weapons Conference beinhaltet die vollständige Arbeit der Internetrecherche zu den Waffenpatenten, Broschüre und/ oder Kontakt zu Dai Williams Webseite über www.uraniumweaponsconference.de

4 siehe Film von Frieder Wagner: Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra (WDR 2004), Interview mit Dr. Axel Gerdes vom Frankfurter Labor

5 siehe Film von Frieder Wagner (s.o.), Tedd Weyman vom Uranium Medical Research Center nimmt Bodenproben in Bagdad von einem TV Sender Gebäude, an dem eine Lenkrakete durch mehrere Stockwerke eingeschlagen ist

6 siehe Powerpointpräsentation auf CD in der Broschüre World Uranium Weapons Conference von Heike Schröder, Molekularbiologin des Bremer Labors

7 siehe Beitrag Dr. Chris Busby in der World Uranium Weapons Conference Broschüre 2003 S. 26…

8 siehe Studien in der Broschüre (s.o.)

9 siehe Film von Frieder Wagner (s.o.), Interview mit dem britischen Veteran

10siehe Beitrag und Kontaktadresse im World Uranium Weapons Conference Broschüre

11 Siehe Konferenzresolution in der Broschüre (s.o.) und dort Kontaktadresse und Webseite zum LLRC

12Free University Vorschlag von Dr. Chris Busby, sowie die Epidemiologischen Fragebögen können bestellt werden bei marion@motherearth.org